Lost and Found ist der englische Begriff für Fundbüro und genau dort scheinen Matthias Garff und Thomas Putze herumgestöbert zu haben. Aus Verlorengegangenem oder achtlos Weggeworfenem machen die beiden Junk Art Künstler Kunst. Beide betreiben vorbildliches Recycling, ja sogar Upcycling – heraus gekommen ist eine wilde Schar von Tieren: Vögel, Insekten, Amphibien und Säugetiere bevölkern die Galerie – obgleich beide Künstler einen ähnlichen Ansatz verfolgen, fallen ihre Werke sehr unterschiedlich aus.
Matthias Garff, geb. 1986, sieht die Welt mit einem ganz besonderen Blick. Seine ornithologisch stets genau bestimmbaren Skulpturen-Vögel scheinen sich die Welt des Menschen angeeignet zu haben. Nicht sie werden vom Menschen aus ihren Lebensräumen gedrängt. Nein, sie haben die Menschenwelt übernommen und bestehen ganz aus Fundstücken der Industriegesellschaft.
In großformatigen Sammlungskästen präsentiert Matthias Garff Insektenarten, die nicht etwa im Anthropozän untergegangen sind. Nein! Seine Käfer, Motten, Falter und Libellen haben sich perfekt angepasst.
Der Stuttgarter Künstler Thomas Putze, geb. 1968, findet nicht nur industriell gefertigte Zivilisationsreste, sondern auch Holzabfälle: abgeschnittene Äste, herausgebrochene Fensterrahmen, Zaunpfosten und dergleichen. In Ihnen sieht er versteckt einen Frosch oder Vogel lauern und holt sie holzbildhauerisch heraus. Neben der skulpturalen Arbeit interessiert sich der Künstler für die Materialgegensätze, die er lustvoll miteinander kombiniert. Es entstehen Mischwesen aus Holz und Zivilisationsabfällen. Hals über Kopf stürzen sich Thomas Putzes Figurenerfindungen ins Leben. Selbstbewusst stellen sie sich ihrem Schicksal entgegen, behaupten sich und lassen offen, ob die vermeintlichen Ersatzteile ein Handikap oder ein Hilfsmittel darstellen.
Thomas Putzes Blick ist dabei auf das Tier und den Menschen gleichermaßen gerichtet, deren Verletzlichkeit er genauso sichtbar macht, wie den Willen und den Kampfgeist, mit denen jede Kreatur den Ansprüchen und Erwartungen des Lebens gerecht zu werden versucht.
Matthias Garff und Thomas Putze interessiert das Verhältnis des Menschen zur Natur. Mit Witz und Poesie, ohne erhobenen Zeigefinger reißen sie Themen wie Artensterben und Umweltverschmutzung an. Auch Konsumkritik mag man hier lesen. Der unbändige Optimismus, der den Garff’schen und Putz’schen Tieren eigen ist, speist sich genau aus dieser positiven Reaktion auf die moderne Welt.
Sowohl Garffs als auch Putzes Arbeiten wurden bereits in zahlreichen Museums- und Kunstvereinsausstellungen gezeigt und sind in namhaften Sammlungen vertreten.
Derzeit touren 50 Garff’sche Tiere unter dem Titel Tönende Tiere (die Tierstimmen stammen von dem Biologen und DJ Dominik Eulberg) durch die Kunst- und Naturkundemuseen der Republik (noch bis 9.9. im Naturkundemuseum Stuttgart).