Drei geöffnete Hemdknöpfe, ein Dekolleté bis zum Solarplexus, gut geschnittener Zwirn am athletischen Leib – das ist der erste Eindruck von Luis Ake, einem Gegenwartskünstler, um den ein Haufen Fragen geistert.
Hat er wirklich eine Maschine gebaut, die Liebe erzeugen kann? Ist er mit Krawattentuch und Siegelring in Wirklichkeit der neureiche Sohn eines württembergischen Adelsgeschlechts oder klaut er seine Sakkos aus der Garderobe einer Spielbank im Münchener Westen? Oder ist dieser mysteriöse Mann mit seiner Maskerade vielleicht der wahre Dandy unserer Gegenwart?
Wenn er aus seinem Porsche-Oldtimer steigt, im Gesicht den Ausdruck gequälter Traurigkeit, ist zumindest eines klar:
Sein Anzug sitzt perfekt und sein Leid ist echt.
Seine vollen Lippen, die schmalen Hüften und der verlorene Blick sprechen die Poesie seiner von Übertreibung und sentimentaler Affirmation geprägten Popmusik. Seine Posen von glamouröser Männlichkeit, vom Goldkettchen bis zur Krawatte, die schon im selben Augenblick von seiner nie verborgenen Verletzlichkeit gebrochen werden, die in jedem seiner Songs zu hören ist, geben der Phrase, dass es im Pop um mehr geht als um Musik, recht. Sein Thema ist die Liebe –
So lautet auch der Titel seines zweiten Albums »Liebe«. Schon wie das erste Album »Bitte lass mich frei« erschien es auf dem Berliner Label Mansions & Millions und wurde von Vertretern der Presse, wie Rolling Stone und Spiegel, sowohl als zeitgenössische Auslegung deutscher Popmusik gelobt als auch als neuer Schlager interpretiert – einig ist man sich darin, dass Luis Akes ersten beiden Alben als Wegbereiter der Neue Neue Deutsche Welle gelten.
Angefangen hat Luis Ake in seinem Stuttgarter Kinderzimmer mit exzessivem Gitarrenspiel, das schon früh internationale Aufmerksamkeit erregte. Travis Scott, Kenrick Llamar und Kanye West bedienten sich an Samples des damals 19-Jährigen und verwendeten sie für ihre Songs (zB. »goosebumps«).
Doch seitdem ist aus dem jungen Talent ein Mann geworden, ein Künstler, der nicht nur für seine expressive Bühnenshow bekannt ist (so verpflichtete ua. die weißrussische Band »Molchat Doma« Ake für das Vorprogramm ihrer gesamten Europatour, »Edwin Rosen« nahm ihn mit auf seine ersten Konzerte und die Frankfurter Schirn lud Ake zum Konzert in ihre Museumsräume ein), sondern Ake ist auch als Remixer gefragt. Acts, die unterschiedlicher kaum sein könnten, wie »Edwin Rosen«, »Saló« und zuletzt »Roy Bianco & die Abbrunzati Boys« baten Ake um Mixes ihrer Songs. Zusammen mit »DANZIGER99« schrieb Ake den Song »regen«, der viral ging.
Im November erscheint nun Luis Akes neue EP »Horse Trance – Melodien der Freiheit«.
Mit 10 neuen Songs begründet Ake damit das Musikgenre des »Horse Trance«.
Das ist Musik, die nicht nur als Neuinterpretation von Trance, D'n'B, House und Electro gelten muss, sondern trotz ihrer Tanzbarkeit Pop bleibt.
Als hätte Ake den Clubsound der wiederkehrenden Nullerjahre auf die kitschige Pferdekoppel getrieben, mit der neuen Melodiösität der Sped-Up-Szene geimpft und zugleich seine Einflüsse aus Schlager und 80s-Wave nicht vergessen – »Horse Trance – Melodien der Freiheit« ist eine beeindruckende Weiterführung seines letzten Albums, die zugleich neu ist und weit darüber hinausgeht, als EP wirkt das wie eine Abzweigung auf dem langen Weg seines außergewöhnlich eigenständigen Werks.
Dabei ist nicht nur ein Cover des frühen Digi-Hits »Kuschelsong«, sondern auch Kollaborationen mit jungen Künstlerinnen wie »Amandus99« und »Jay Pop«.
Sie singen mit Ake zusammen über Liebe – dem großen Thema, das über nationale Grenzen hinausreicht, nie zu ende ist und dem der Mann und der Künstler Luis Ake sich auch bei diesem Mal wieder ohne Erbarmen für sich selbst widmet.