"Das Dorf soll seine Kirche nicht verlassen" - Auf der Spur umgesetzter Häuser durch das Allertal. Wer sich heute dazu entschließt, eine Immobilie zu erwerben, nimmt die Bedeutung des Wortes ernst. Häuser gelten als Metaphern für Sicherheit und Kontinuität, sie verkörpern Sesshaftigkeit und vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit. Das war nicht immer so. Jahrhundertelang zählten Häuser nicht zu den Immobilien, sondern gehörten rechtlich zum so genannten "Fahrenden Habe", zu den beweglichen Gütern, die abgebaut, mitgenommen und andernorts wieder aufgebaut werden konnten. Ermöglicht wurde die hohe Mobilität durch das Konstruktionsprinzip von Fachwerkbauten, das selbst mehre Umzüge erlaubt. Wie geläufig das Umsetzen von Häusern zeitweise war, lässt sich aus einer Weisung des ungarischen Königs Ladislaus I. aus dem Jahr 1092 schließen, in der es heißt: "Das Dorf soll seine Kirche nicht verlassen." Doch nicht nur Wohnhäuser wurden versetzt, auch Scheunen, Ställe, Speicher und Mühlen gingen aus unterschiedlichsten Gründen auf Wanderschaft. So manches Gebäude wurde als Aussteuer oder Abfindung mitgenommen, andere waren einfach nutzlos oder zu klein geworden und wurden zwecks Finanzierung von Neubauten an dankbare Abnehmer verkauft. Mühlen wurden an windigere Standorte verlegt oder mussten dem Eisenbahnbau weichen, ganze Orte wechselten aus taktischen Gründen das Ufer und nicht selten wurden Gebäude als Kriegsbeute konfisziert und mitgenommen. Heute werden Bauten zumeist transloziert, um sie vor dem Totalverlust zu retten und als Baudenkmale zu erhalten. Das war auch das Motiv für die Umsetzung einer ursprünglich in Bierde beheimateten Scheune, die jahreland auf der anderen Allerseite als Wohlendorfer Dörpschün ihre Tore für Kunstausstellungen geöffnet hat. Ihre wechselvolle Geschichte können Gäste am 26. Mai im Rahmen der Fahrradtour "Ein Haus zieht um - Bewegende Geschichten von bewegten Bauten" erfahren, die auf einem ca. 35 km langen Rundkurs sieben verschiedene Gebäude erschließt.
Vom Treffpunkt am Burghof in Rethem geht es um 13.00 Uhr zunächst über Wohlendorf in das idyllische Schafstallviertel in Hülsen, ein idealer Ort um bei Kaffee und frisch gebackenem Butterkuchen eine kleine Pause einzulegen. Anschließend führt die Route über Hämelheide nach Bosse, wo es Spuren eines Zuzugs und eines Wegzugs zu entdecken gibt und endet schließlich um 18.00 Uhr im Londypark in Rethem, der gleich drei translozierte Gebäude beherbergt.
Anmeldung: Tourismusregion Aller-Leine-Tal Schwarmstedt, Tel.: 05071-8688. Auskünfte: Dr. Antje Oldenburg, Tel.: 05164-801113