Herbstkonzert 2023
Samstag, 11. November 2023, 18.00 Uhr, Ehemalige Kirche Hagen a.T.W.
Sonntag, 12. November 2023, 17.00 Uhr, Aula des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums Osnabrück
Yuri Kim, Violoncello
Orchester Osnabrücker Musikfreunde
Leitung: Reinmar Neuner
Moderation: Thomas Richter
Programm
Sergei Prokofiew (1891-1953):
Symphonie Nr. 1 D-Dur, op. 25 (Symphonie Classique)
Peter I. Tschaikowsky (1840-1893):
Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester A-Dur, op. 33
--- Pause ---
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):
Symphonie Nr. 39 Es-Dur, KV 543
Serge Prokofieffs Erste Symphonie, die "Symphonie classique", erlebte ihre Uraufführung am 21. April 1918. Prokofieff kam nach eigener Aussage durch seinen Kompositionslehrer auf den „Geschmack an den Partituren Haydns und Mozarts“. Die Tonsprache erinnert zudem an den frühen Tschaikowsky, der seinerseits ein Verehrer Mozarts war. Erst geht die Symphonie so los, wie auch eine Haydn-Symphonie starten könnte: mit einem selbstbewussten Orchesterschlag. Dann aber missachtet Prokofieff lustvoll die Gepflogenheiten und rutscht munter von einer Tonart in die nächste. Ganz oben zwitschern die Geigen, im Keller rumort der Kontrabass, dazwischen hüpft das Fagott hin und her: Alle paar Sekunden setzt sich die Musik über die Regeln hinweg. Da artet ein zartes, graziöses Thema ins heillose Durcheinander aus, da setzen Geigen zu spät ein, Metren überlagern sich, in zwei Takten geht es schon mal durch drei verschiedene Tonarten. Und im letzten Satz gibt sich Prokofieff sogar die Regel, keine Mollakkorde zu schreiben. Und doch – das ist Prokofieffs große Kunst hier – alles scheint ganz normal zu sein. Die Uraufführung ging in den Wirren der Zeit am Ende des Ersten Weltkrieges fast vollkommen unter. Und so ausgelassen, so unbeschwert und übermütig wie in seiner Ersten Symphonie komponierte Prokofieff nie wieder.
Es scheint, als blicke Tschaikowsky in den "Rokoko-Variationen" wie durch ein Fernglas zurück in eine längst versunkene Welt, die er offenbar als heil und unbeschwert empfunden hat. Damit ist aber nicht die höfische Rokoko-Welt mit Perücke, Puder und Tanz gemeint – sondern die Klangwelt Mozarts, die Tschaikowsky kurzerhand mit dem Begriff "Rokoko" bezeichnet hat. Die Musik dieses "sonnigen Genies" rühre ihn "zu Tränen", schrieb Tschaikowsky einmal. Das Thema der "Rokoko-Variationen" stammt allerdings nicht aus Mozarts Feder, es ist vielmehr eine stilistische Hommage, die zunächst simpel anmutet, die der Komponist aber mit allerhand Virtuositäten für das Solo-Violoncello spickt, deren Schwierigkeiten von Variation zu Variation anwachsen. Trotzdem steht der Solist nicht im Mittelpunkt wie der Trapezkünstler im Zirkus. Die Variationen sind flüchtig, gehen schnell vorbei. Auch in dieser Hinsicht scheint sich Tschaikowsky an der Musik der Mozart-Zeit zu orientieren: Denn er meidet die romantisch ausladende, grüblerische Geste, wie man sie vor allem aus seinen letzten Symphonien kennt. Stattdessen gibt er sich in den "Rokoko-Variationen" verspielt und elegant.
Wolfgang Amadeus Mozart schrieb im Jahre 1778 an seinen Vater Leopold: „denn ich kann so ziemlich, wie sie wissen, alle art und styl vom Compostitions annehmen und nachahmen.“ In unserem Programm steht er allerdings für das „klassische Original“, an dem sich die anderen Komponisten orientiert haben. Die 39. Symphonie ist „typisch Mozart“ – eingängig und scheinbar leicht, musikalisch aber höchst komplex. Man betritt den sinfonischen Bau gleichsam durch das Portal der langsamen Einleitung, durch das der Hörer in eine eigene Welt gezogen wird. Wie in der Klassik üblich folgen auf den schnellen ersten Satz ein langsamer zweiter Satz, ein stampfendes Menuett sowie ein stürmisches Finale, dessen wirbelndes Ende im Kontrast zum majestätischen Beginn der Symphonie steht.