Die Lüge
Kann denn Lüge Liebe sein? Um diese so brisante wie abgründige Frage dreht sich die quecksilbrig-pointenreiche Komödie „Die Lüge“ des französischen Autors Florian Zeller. Ein kleiner Schwindel stellt die Weichen für eine chaotische Achterbahnfahrt durch den Ehealltag zweier befreundeter Paare, sodass man schon bald nicht mehr weiß, wo oben und unten, rechts und links, aber schon gar nicht, was Lüge und Wahrheit ist. Alice und Paul, seit Jahren verheiratet, haben ihre besten Freunde, Laurence und Michel, ein Ehepaar gleichen Alters, zum Abendessen eingeladen. Aber kurz bevor die beiden eintreffen, hat Alice plötzlich keine Lust mehr und versucht Paul zu überreden, das Essen abzusagen. Der Grund: Am Nachmittag hat sie beim Shopping Michel gesehen, wie er beim Verlassen eines Geschäfts eine fremde Frau geküsst hat! Das Problem: Sie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll – ihrer Freundin alles sagen, oder den ganzen Abend so tun, als wäre nichts geschehen? Aber in dem Moment, in dem Paul absagen will, klingelt es, die beiden stehen vor der Tür ? Was nun? Aus dieser Konstellation entwickelt Zeller ein raffiniert pikantes Spiel voller Esprit und Ironie. Mit verzweifeltem Suchen nach Alibis, mit melancholischen, zartbitteren Apercus, mit perlenden, brillanten Dialogen – ein verzwicktes Puzzle, in dem es nicht nur darum geht herauszufinden, wer mit wem wann und wo, sondern auch um die existenziellste aller Fragen: Wie viel Wahrheit steckt in der Lüge und wie viel Lüge in der Wahrheit? Ist es wahr, dass die Lüge ein Beweis von Dezenz ist, von Freundschaft, ja sogar von Liebe? Weibliche und männliche Strategien befeuern sich im ehelichen Hauen und Stechen wechselseitig. Da die Männer beste Freunde, die Frauen beste Freundinnen sind, mischen in dieser unübersichtlich kurvenreichen Salonkomödie auch noch die Geschlechtersolidaritäten kräftig mit. Außerdem dachte man doch eigentlich, dass man aus dem Affären-Alter raus wäre? Die finale Erkenntnis: „Es ist wahr, dass nichts wahr ist.“Florian Zeller ist mit "Die Lüge" eine elegante, eloquente, blitzgescheite, bitterböse und dennoch schwungvolle Komödie gelungen.