Das Lübecker Konkordienbuch von 1579: Ein einzigartiger Schatz in der Ausstellung "Zwischen den Zeilen"
Die letzten drei Wochen der Ausstellung „Zwischen den Zeilen“ wird das Museum ein einzigartiges Lübecker Kleinod in die Schau aufnehmen: Das Lübecker Konkordienbuch von 1580. Es handelt sich um ein einmaliges Zeugnis Schleswig-Holsteinischer Kirchengeschichte, das nur mit viel Glück die Nacht des Palmarum 1942 überstanden hat. Anlässlich des Reformationsjahres ist es nun frisch restauriert und ausnahmsweise für kurze Zeit in der Ausstellung zu sehen. Dies ist durch die Kooperation zwischen der Pröpstin Petra Kallies und dem St. Annen-Museum möglich geworden.
Als eine sehr frühe Ausgabe des Konkordienbuches dokumentiert es den Prozess der Konfessionalisierung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Allgemeinen und in Schleswig-Holstein im Besonderen. Es belegt, dass die Freie Reichsstadt Lübeck das Konkordienbuch einschließlich der Konkordienformel sehr früh als verbindliche Bekenntnisschrift angenommen hat. In der Propstei Hansestadt Lübeck ist die Anerkenntnis des Konkordienbuches durch die Pastorinnen und Pastoren bis heute verpflichtend.
Es setzt sich aus einem gedruckten und handschriftlichen Teil zusammen, die später unter einem Einbanddeckel zusammengefasst worden sind. Der gedruckte Teil enthält die Konkordienformel in einem Druck von 1579. Es handelt sich um eines jener frühen Exemplare, die 1579 in Dresden von der Druckerei von Matthes Stöckel und Gymel Bergen hergestellt worden sind. Das Konkordienbuch in seiner endgültigen Form erschien erst am 25. Juni 1580 in Dresden.
Der besondere archivalische Wert des Konkordienbuches besteht in dem handschriftlichen Unterschriftenteil. Er dokumentiert alle Geistlichen der Hansestadt Lübeck von 1580 bis 1867 und der Leiter und Lehrer an verschiedenen Lübecker Schulen bis 1854. Darunter sind wichtige Lübecker Persönlichkeiten zu finden wie etwa Elisabeth Haselhoff, die erste Frau in Deutschland als Gemeindepastorin an St. Matthäi, der erste Superintendent von Lübeck und erste Rektor des Katharineums Hermann Bonnus (1504-1548) und der Luther-Pastor Karl-Friedrich Stellbrink, einer der vier Lübecker Märtyrer. Das Konkordienbuch liefert damit nicht nur einen wertvollen und unersetzbaren Beitrag zur Landesgeschichte, sondern erinnert auch an zahlreiche Begebenheiten um diese Menschen.
Darüber hinaus ist das Lübecker Konkordienbuch auf Grund des Bandschadens infolge des Bombenangriffs von 1942 ein wichtiger Zeitzeuge der jüngeren Geschichte: Das Konkordienbuch wurde in einem Regal in der Kapelle „Maria am Stegel“ neben der Marienkirche aufbewahrt. Dort wurde es bei dem Bombenangriff auf Lübeck am 28. März 1942, bei dem die Marienkirche in Brand geriet, durch einen brennenden Gegenstand getroffen, wobei ein trichterförmiges Loch in das Buch eingebrannt wurde. Lange Jahre war es nur provisorisch gesichert worden. Nun erstrahlt es frisch restauriert für kurze Zeit in der Ausstellung, bevor es wieder hinter den Archivmauern aufbewahrt wird. Jede einzelne Seite ist aufwendig mit Japanpapier restauriert und ergänzt worden.
Auf diese Weise wird es zu einem Zeugnis, das sich besonders gut in die Ausstellung „Zwischen den Zeilen“ einfügt. Die kanadisch-europäische Künstlerin Alice Teichert hat sich vielfach mit alten Handschriften beschäftigt. Dies lässt sich gut an ihren graphischen Arbeiten und Malereien, die in der Ausstellung zu sehen sind, ablesen. Es geht um das intuitive Verstehen, das Erfassen von Botschaften jenseits des Entzifferbaren und Sichtbaren. Um das, was wir alle in der Kommunikation mit anderen oder beim Lesen von Büchern intuitiv erspüren. Und es geht um die Verbindung von Altem und Neuem, in der Kunst wie im Reformationsjubiläum. Damit ist das Konkordienbuch, das von 1580 bis ins 20. Jahrhundert genutzt wurde und erst jüngst seine Restaurierung erfahren hat, genau an der richtigen Stelle.