Vom absolutistischen Zarismus zum sozialistischen Regime in sechs Monaten: 1917 überschlagen sich die Ereignisse in Russland. Von Krieg und Hunger ausgezehrt, gehen Anfang des Jahres tausende Städter auf die Straße. Aus dem Ruf nach Brot wird der Ruf nach dem Ende der Zarenherrschaft – Nikolaus II. muss abdanken. Das plötzliche Ende der Monarchie hinterlässt ein Durcheinander von Ideen, Visionen und Interessen für das Russland der Zukunft. Während im Westen des Landes der Weltkrieg tobt, ringen in der Hauptstadt Petrograd Konservative, Militärs, Sozialdemokraten und Sozialisten um Stabilität und Handlungsfähigkeit. Es braucht seitens der bolschewistischen Partei um Lenin und Trotzki nicht viel, um die wankende Regierung im Herbst zu Fall zu bringen. Was folgt, sind drei Jahre Bürgerkrieg und die Entstehung einer der beiden Supermächte des 20. Jahrhunderts. In den Jahren bis zur Auflösung der sozialistischen Staaten in Europa Anfang der 1990er wird die eine Hälfte des globalen Nordens die Große Sozialistische Oktoberrevolution als Aufbruch in eine bessere Welt feiern, während die andere den Staatsstreich der Bolschewisten als Anfang allen Übels verurteilt.
2017 ist Lenins Mausoleum eine Touristenattraktion, Che Guevaras Konterfei ein T-Shirt-Bestseller und Tracy Chapmans Revolutionslied Oldie but Goldie. Die Revolutionen unserer Zeit heißen Facebook, iPhone und Thermomix. Zwischen den kulinarischen, kreativen, technischen, wissenschaftlichen, ökologischen, digitalen Revolutionen kommen jene der Gesellschaft und ihrer Strukturen kaum mehr vor. Und doch ist er nicht totzukriegen, der Traum vom guten Leben für alle.
Regie Tom Kühnel + Bühne Jo Schramm + Kostüme Daniela Selig + Musikalische Leitung Polina Lapkovskaja + Video Kathrin Krottenthaler + Dramaturgie Kerstin Behrens
Mit Philippe Goos, Janko Kahle, Katja Gaudard, Daniel Christensen, Günther Harder, Sophie Krauß, Carolin Haupt, Polina Lapkovskaja, Frank Wiegard, Chor + Musiker Polina Lapkovskaja, Daniel Zeinoun, Szilvia Csaranko, Christoph Keding + Live-Video Kathrin Krottenthaler