Ursina Tossi: Witsches
Wird man*frau heutzutage als »Hexe« beschimpft, ist das fast ein Kompliment. Seit dem Mittelalter erscheint die Figur der Hexe extrem ambivalent: Stigmatisiert als Ketzerin, sexuell deviant und mit dem Teufel liiert, wurde sie im Übergang zum Kapitalismus in Europa zur Verfolgung frei gegeben. Zugleich gilt sie als Hüterin des Wissens über Reproduktions- und Heilverfahren sowie als sexuell und ökonomisch selbstbestimmte Frau. Als feministische Kämpferin, die sich den Machtansprüchen und Kontrollverfahren des kapitalistischen Patriarchats entzieht, wird sie politische Symbolfigur. Die Hamburger Choreografin Ursina Tossi und ihr Team spannen nun den Bogen weiter und erforschen die Bedeutung der Hexe in der Körpergeschichte. Im Fokus ihrer Auseinandersetzung steht der machtvolle und verfolgte Körper. Historisches gerät mit popkulturellen Fantasien und Science Fiction in Kollision. Es entsteht ein Raum, in dem sich Sinnliches als Politisches zeigt und die Frage auftaucht: Wer sind die Hexen von heute – und wer verfolgt sie?