Trajal Harrell: O Medea
Euripides Heldin Medea hat alle möglichen Arten und Weisen der künstlerischen Wiedergeburt erlebt. Keine andere Figur hat im Laufe der Geschichte den Film, den modernen Tanz, die Oper oder die bildende Kunst so beeinflusst wie sie. Abgesehen von ihrer mythologischen Reichweite, steht Medea vor allem für eine paradoxale innere Spaltung – zwischen dem*r Anderen und dem Selbst. So kommt sie nicht allein, sondern als viele: die Tragödie und rituellen Elemente des Mythos löst Trajal Harrell in die persönlichen Geschichten
eines fünfköpfigen Chores auf und hinterfragt damit die Repräsentation der weiblichen Psyche über die Grenzen der Zeiten hinaus. Der Choreograf, der wegen seiner sinnlichen und genreübergreifenden historischen Que(e)rlektüren bekannt ist, macht die emotionalen Ränder unserer kollektiven, historischen Imagination als politische und ethische Anliegen erfahrbar. Wie würde Medea 2019 sprechen, tanzen, trauern? Nach seiner weltbekannten Serie TWENTY LOOKS OR PARIS IS BURNING AT THE JUDSON CHURCH kommt der international gefeierte Trajal Harrell zurück mit einem Teil seiner neuen Trilogie über Frauenfiguren und ihren sozialen Milieus. This is so trajalcal!