„Wusstest du, dass es in Athen mehr Porsches gibt als irgendwo sonst in Europa?“
(aus einem Telefongespräch zwischen dem Künstler und seinem Vater)
The Never Never basiert auf dieser gezielten Falschmeldung. Der britische Künstler Jeremy Hutchison und die belgische Kuratorin Evelyn Simons entwickelten das Projekt gemeinsam mit der Athener Performancegruppe Nova Melancholia in Griechenland. Der neue Werkkomplex umfasst einen Kurzfilm, Fotoserien, Collagen, Performances und Skulpturen.
Ein Porsche 911 wird in acht Teile zerlegt und von athenischen Performer:innen als Kostüm getragen. Wie Hybride aus der antiken Mythologie tauchen diese bizarren Kreaturen aus dem Meer auf, durchqueren eine Reihe epischer Landschaften, bevor sie in einem Fotostudio ankommen. Begleitet werden sie von einem Werbefilmteam, das selbst zu Akteur:innen der Performance wird.
The Never Never erforscht zeitgenössische Mythen: Fake-News, Luxusbranding, nationale Stereotypen und globalen Kapitalismus. Die Arbeit untersucht, wie rechte Medien Porschebesitz zum Anlass nahmen, um falsche und fremdenfeindliche Behauptungen über die griechische Schuldenkrise zu verbreiten. Tatsächlich steht der Titel des Projekts umgangssprachlich für Schulden. Er bezieht sich auf eine scheinbar endlose Anzahl von Kredittilgungen.
Indem es unvereinbare visuelle Sprachen – von Luxusbranding, Museumswesen, sozialen Medien und dem Karnevalesken – zusammenführt, erforscht The Never Never, wie Mythen durch Kultur und kommerzielle Medien kursieren. Dabei nistet es sich in dieselben Verbreitungswege ein, wenn auch als irrlichternder Eindringling. Die von der Fondazione Prada finanzierte Arbeit kapert die Muster eines Werbefilms - Objekte und Körper, Athener:innen und Porsches, antike Mythen und Marketingmythen werden miteinander verschmolzen.
The Never Never ist als Wanderausstellung konzipiert. In Anlehnung an fahrende Gaukler fungiert jedes Kapitel als ortsspezifische Antwort auf die Situation des jeweiligen Ausstellungsraums; jede dieser Reaktionen untermauert den gleichen grotesken Mythos. Durch die ständige Wiederholung werden die Rituale des Unternehmensmarketings und des kapitalistischen Spektakels nachgeahmt: eine Ausstellungstour, die die Logik einer Markenkampagne aufgreift.
Die erste Station der Reise ist Hamburg – die Werberhauptstadt Deutschlands. Im Kunstverein Harburger Bahnhof entsteht eine Installation, die die Trennlinien zwischen zeitgenössischer Kunst, Luxuseinzelhandel und musealem Display auflöst. Porschefragmente werden als archäologische Artefakte präsentiert, absurde Reklameclips werben in Endlosschleife für die Ausstellung und Mensch-Maschinen-Hybride erobern Hamburgs Plakatwände. In dieser Stadt der Mythenproduktion wird das Kunstwerk ununterscheidbar von seiner Eigenwerbung. Dem Publikum wird ein rätselhafter, beunruhigender und zutiefst lächerlicher zeitgenössischer griechischer Mythos geboten.
Ausstellung: 3.9.–13.11.2022
Ausstellungsprogramm:
- 2.9.19:00 Uhr Eröffnung
- 9.9.18:00 Uhr Führung
- 26.10.18:00 Uhr Führung