Er war eine schwere Geburt. Die Ankunft Richards III. auf der Welt ist überschattet von merkwürdigen Vorzeichen. Wäre es vielleicht besser gewesen, dieses Kind wäre nie geboren? Richards Mutter, die Herzogin von York, ahnt Böses: Von Anfang an bleibt ihr der Sohn dunkel und fremd. Kaum kann sie Liebe zu ihm entwickeln, wie er auch sonst überall auf Ablehnung stößt. Später, im jugendlichen Alter, erweist er sich in den Schlachten um die englische Krone als äußerst kaltblütig, brutal – und erfolgreich. Sind Machtgier, Skrupellosigkeit und Zerstörungswut Ergebnis einer zerstörten Kindheit? Sind die Ursachen in sozialen und familiären Kontexten auszumachen oder gibt es schlicht keine erschöpfende Erklärung.
für die Existenz egomaner und boshafter Machtmenschen? Mit Richard III. betritt einer der größten Antihelden der Theaterliteratur die Bühne: schamlos, gierig, gewalttätig, schlechthin die Inkarnation des Bösen. Zugleich ist er eine Hauptattraktion des Shakespeare’schen Kosmos: hellsichtig, witzig, heuchlerisch, verführerisch. Er weiß um die Manipulierbarkeit der Menschen, ist ein großer Lügner, ein Virtuose der Instrumentalisierung anderer und der genussvollen Selbstinszenierung. Ein genialer Coup, der diese Rolle bis heute zu einer außerordentlichen schauspielerischen Aufgabe macht.
Karin Henkel nimmt die Königsdramen »Heinrich VI.« und »Richard III.« als Ausgangspunkt ihrer Inszenierung. Unter Verwendung von Texten aus »Schlachten!« von Tom Lanoye und Luc Perceval, übersetzt von Rainer Kersten, richtet sie in »Richard the Kid« den Fokus auf die Kindheit und die Familiengeschichte Richards, die Zeit vor seiner Machtergreifung. Seit Jahren liefern sich die Häuser York und Lancaster erbitterte und blutige Schlachten um die englische Königsherrschaft in den sogenannten „Rosenkriegen“.
In »Richard the King« befasst sich Karin Henkel mit dem politischen Umfeld des berühmt-berüchtigten Machthabers. Warum spielen alle mit, obwohl sie um die Lügen und das falsche Spiel Richards wissen? Wie gelingt Richard der zynische Spagat, die Menschen einerseits aufs Tiefste zu verabscheuen, sie andererseits aber doch für seine Zwecke zu gewinnen?
Shakespeare zeigt auf eindrückliche Weise das kollektive Versagen eines ganzen Landes und die Deformation einer verunsicherten Gesellschaft, deren zunehmende Verrohung den Aufstieg des Tyrannen erst ermöglicht. Beunruhigend bleibt, was hinter unserem Vergnügen steckt, Richard in seinen dunkelsten Machenschaften zu folgen.
Foto: Monika Rittershaus
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