Moritz Frischkorn: The Great Report
Sie waren auf der Suche nach dem Strömen und Flüssen, die die Welt antreiben. Sie folgten dem Wasser bis nach Kreta, und fanden das Paradies in verlassenen Hotelruinen von griechischen Oligarchen. Die Mangroven-Bäume standen im schwarzen Schlick, und nur wenige Kilometer entfernt lag die illegale Raffinerie, in der das Öl vor Ort gekocht wurde. Sie versanken bis zu den Knien im Sumpf und leerten gierig ihre Plastikflaschen, die sie im Supermarkt neben ihrer billigen Airbnb-Unterkunft gekauft hatten. Sie versahen die Flaschen mit Markierungen, bevor diese zusammen mit Sand und Bau-Schutt zu neuem Land aufgeschüttet wurden. Auf dem neuen Land wurden Hochhäuser gebaut, mit Blick auf den kommenden Weltuntergang. Sie versuchten, alles zu notieren, den Überblick zu behalten. Es war unmöglich. Der große Report, er konnte nicht geschrieben werden. Sie würden ihn zur Aufführung bringen müssen.
Der Great Report ist ein unmögliches Unterfangen: zu groß, zu viel, zu komplex. In dieser performativen Installation werden sie von der Meg Stuart-Tänzerin Maria F. Scaroni auf eine verschlungene Reise durch die Schattenseiten der Logistik und zurück zu einem körperlichen Umgang mit den Elementen entführt. Der Great Report ist ein vielstimmiges Orakel über die Steuerungsmechanismen des Welthandel, seine Ungerechtigkeiten und enormen Umweltkosten. In den verzweigten Gängen dieses Logistik-Labyrinths sehen sie Bilder von der horrenden Öl-Verschmutzung im Niger-Delta, ein Film über das Paradies aus Kreta, und hören eine vielstimmige Sound-Installation über fehlendes Müllmanagement und Landgewinnung in Beirut. Aus verschiedenen Geschichten, aus Bildern, Filmen und Tönen, tänzerischer Bewegung und rituellen Elementen entsteht ein fragmentierter Spiegel, der unserer privilegierte Position im Geflecht globaler Handelsprozesse und Materialströme aufdeckt und erzählt.