Internationales Sommerfestival 2018 - Heimatphantasien: Konferenz
Ein Themenschwerpunkt zur Renaissance der Konzepte von »Heimat« und »Nation« – und zu möglichen und realisierten Alternativen.
Im Angesicht weltweiter Migrationsbewegungen und Krisen einer vor allem wirtschaftlich globalisierten Welt, erleben die Begriffe »Heimat« und »Nation« derzeit eine diskursive und politische Renaissance. Die Idee von »Heimat« drückt die Sehnsucht nach einem ideellen Ort aus, der kindliche Geborgenheit und Sicherheit verspricht. Das Konzept der »Nation« wiederum bezieht sich auf die Idee einer Gemeinschaft von vermeintlich Gleichen. Gemeinsam ist den zwei Begriffen, dass sie sich als vorgestellte Gemeinschaften gut als politische Projektionsflächen eignen. Was passiert nun, wenn Heimat als nationales und territoriales Herkunftsprinzip wiederbelebt wird? Was heißt es, wenn die beiden Konzepte »Heimat« und »Nation« in einem zum Heimatministerium erweiterten Innenministerium zusammengefasst werden? Wie werden diese Konzepte in anderen regionalen Kontexten diskutiert und wo gibt es Alternativen?
Die Konferenz HEIMATPHANTASIEN setzt sich kritisch mit den Konzepten von »Nation« und »Heimat« auseinander: An zwei Tagen werden ihre impliziten Projektionen, ihre Widersprüche, sowie ihre historische Gewordenheit untersucht. Es wird diskutiert, welches Potential darin liegt, Migration als Unterbrechung des nationalen Narrativs zu denken und der traditionellen Verwobenheit von nationalistischer Ideologie und patriarchaler Herrschaft auf den Grund gegangen. Es wird die historische Gleichzeitigkeit von Kolonialismus und Nationenbildung aufgearbeitet – und es werden gegenwärtige Versuche diskutiert, die bereits trans- oder postnationale Gemeinschaften jenseits nationaler Identitäten schaffen.
PROGRAMM
SAMSTAG, 18.08.
15:00 HEIMATPHANTASIEN
Einführung und Begrüßung durch die Kuratorin der Konferenz Margarita Tsomou. Sie ist Herausgeberin des popfeministischen Missy Magazines, Dramaturgin und Moderatorin.
15:15 – 16:45 VON DER NATION ZUR HEIMAT?
GESPRÄCH MIT DIETRICH DIEDERICHSEN UND MELY KIYAK
Die Publizistin Mely Kiyak, bekannt für ihre Kolumne in Die Zeit, und der Poptheoretiker Diedrich Diederichsen diskutieren die Konstruktion und Gefahren aktueller »Heimatphantasien« im deutschsprachigen Raum.
17:00 – 18:30 MIGRATIONSHINTERRUND - UNTERBRECHUNG DER NATION?
DISKUSSION MIT KAREN TAYLOR, MARK TERKESSIDIS UND NN
Ein Gespräch über die Rolle von Migration und den Platz nicht-weißer Bevölkerungsgruppen in heimatlichnationalen Erzählungen. Mit der Menschenrechtsreferentin des Bundestages und Sprecherin von EOTO (Community- und Empowerment-Projekt für Schwarze Menschen in Deutschland), Karen Taylor, und dem Migrationsforscher Mark Terkessidis.
SONNTAG, 19.08.
12:00 – 13:00 ICH UND DIE ANDEREN?
VORTRAG VON ISOLDE CHARIM
Isolde Charim, österreichische Philosophin, Kolumnistin und maßgebliche Organisatorin der Demonstration auf dem Wiener Heldenplatz gegen die Regierungsbildung der ÖVP mit der FPÖ im Jahr 2000, stellt ihre Thesen zur Nationenbildung und zu den Vorstellungen von Heimat aus ihrem jüngsten Buch vor (»Ich und die Anderen. Wie die neue Pluralisierung uns alle verändert«).
13:15 – 14:45 NATIONENBILDUNG UND KOLONIALISMUS IN SÜDOSTASIEN
GESPRÄCH MIT HYUNJIN KIM UND HO TZU NYEN
Der Bildende Künstler Ho Tzu Nyen, der sich in seinen Arbeiten mit der Konstruktion von Nationalidentitäten in der südostasiatischen Region beschäftigt, spricht mit der Kuratorin und Wissenschaftlerin Hyunjin Kim aus Seoul über die historischen Zusammenhänge von Kolonialismus und Nationenbildung in Südostasien und seinen künstlerischen Modellversuch für ein post-nationales Lexikon, aus dem er vier Arbeiten im Festival zeigt.
15:45 – 17:15 HEIMATPHANTASIEN = MÄNNERPHANTASIEN: DIE MÄNNLICHE NATION?
GESPRÄCH MIT GABRIELE KÄMPER UND KLAUS THEWELEIT
Die Leiterin der Geschäftsstelle Gleichstellung des Berliner Senats und Autorin von »Die männliche Nation. Politische Rhetorik der neuen intellektuellen Rechten«, Gabrielle Kämper, und der Kulturtheoretiker und Verfasser der bekannten Untersuchung »Männerphantasien«, Klaus Theweleit, gehen der Frage nach, warum Männlichkeit traditionell als Chiffre des National-Völkischen galt und wie dies nun in Form eines rechtsextremen Antifeminismus reartikuliert wird.
17:30 – 19:00 JENSEITS DER NATION? TRANSNATIONALE FEMINISTISCHE PROTESTE, MUNIZIPALISMUS IN SPANIEN UND DIE STAATENLOSE DEMOKRATIE ROJAVAS
DISKUSSION MIT HAVIN GUNESER, THAIS GUISASOLA UND RAUL ZELIK
Die Journalistin und führende kurdische Frauenrechtlerin Havin Guneser spricht mit dem Publizisten Raul Zelik und der brasilianischen Filmemacherin und Aktivistin Thais Guisasola über transnational organisierten feministischen Protest in Lateinamerika und lokale Organisationsformen auf städtischer Ebene in Spanien und in den kurdischen Gebieten, wo sich Gemeinschaften unabhängig vom nationalen Rahmen definieren.