Es ist voll, stickig, die Musik hämmert, die Spiegelfacetten der Discokugel werfen glitzerndes Licht durch den Raum, wie im Rausch drehen sich die Tänzer: Strudel der Sinne… (der uns allen zur Zeit ein bisschen fehlt). Die Sinne verwirren, das wollen auch die neuen Arbeiten von Katharina Büche und Martin Kasper.
Das von Katharina Büche vielfach eingesetzte Material Fell birgt mehrere Aspekte: mit seinen spezifischen Eigenschaften ist Fell ein Werkstoff mit eigenständiger Wirkung, aber er bleibt auch stets mit der Assoziation „Tier“ und all seinen – auch emotionalen – Bedeutungsfacetten verknüpft. Als Haut mit Haaren ist Fell nicht zuletzt Oberfläche, die das Innen vom Außen trennt, abgrenzt, schützt, aber auch verletzlich bleibt. Unablässig überlagern und verknoten sich diese Aspekte von Material und Bedeutung, lassen sich nicht voneinander trennen und bestimmen und verwirren unsere Wahrnehmung(en).
In ihren neuen Arbeiten beschäftigt sich Büche u.a. mit dem Thema Schwere, Leichtigkeit und Bewegung. Es gibt große, hängende Objekte aus gefärbtem Schaffell, die mit dem Gegensatz der Schwere des Materials und der Leichtigkeit des Schwebens spielen. Eine sanft tanzende Drehung der an durchsichtigen Nylonfäden hängenden Gebilde konterkariert zudem ihre massige Körperhaftigkeit und scheint sie mit Leben zu erfüllen. Und es gibt kleinere stehende Fellfiguren, die sich zwar einerseits in die Höhe schrauben, durch ihre Formfigur aber eher Schwere und Bedächtigkeit ausdrücken.
Bislang drehten sich Martin Kaspers eigentümliche, menschenleere, bühnenbildgleiche Räume bereits auch um die Frage, wie es um die objektive Welt bestellt ist und ob sich diese nicht als reine Vorstellung, als Schein entlarvt. In seiner neuen Bildserie „Spiegelungen“ kombiniert er nun die Sujets Stillleben, Raumbild und Figur in einem metamorphotischen Wandel zu einem schwindelerregenden Spiel.
Als Gegenstände dienen, wie in klassischen Stilleben, Früchte, Gemüse oder ein Schädel mit ihren jeweils spezifischen „Physiognomien“. Als Figur zeigt der Künstler sich selbst, der Raum ist ganz offensichtlich sein Studio. Bild, Abbild, Verzerrung und Auflösung – vorbei ist die Dominanz klarer, perspektivischer Linienführung, wie sie in Kaspers früheren Bildern vorherrschte. Jetzt bestimmen Kreis- und Ovalformen, die bisweilen an die Linse eines Auges oder einer Kamera erinnern, das Bildgeschehen. Von einem Zentrum aus nimmt die Verzerrung stetig zu bis hin zur Deformation und ornamentalen Auflösung. Innen und außen, Gegenstand, Bild und Abbild, alles verschwimmt. Kasper treibt die Idee des mise en abîme voran, des Bildes im Bild. Hier zeigt sich erneut, dass Kaspers Arbeiten auf den malerischen Transformationsprozess selbst verweisen, auf die Frage nach dem Wesen der Kunst und ihrem Bezug Wirklichkeit.