Nach dem Roman von Fjodor Dostojewski
Bühnenfassung und Regie: Georg Münzel
Was bringt Menschen dazu, obwohl sie genau wissen, dass sie es tun, ihre eigene Existenz und die Existenz anderer, auch derer, die sie lieben, aufs Spiel zu setzen?
„Der Spieler“ erzählt es uns. Der Roman ist eine psychologisch faszinierend genaue Studie über das Phänomen Spielsucht und damit Sucht allgemein.
Ein buntes Ensemble grotesker Figuren spielt, liebt unglücklich und verhält sich rätselhaft und widersprüchlich. Im Zentrum steht der Ich-Erzähler Alexej, unschwer erkennbar das Alter Ego Dostojewskis und unsterblich verliebt in die unnahbare Polina, die Stieftochter eines russischen Generals. Der General wiederum ist verliebt in Mademoiselle Blanche und hoch verschuldet bei einem weiteren Franzosen. Und was macht eigentlich der mysteriöse Engländer Mr. Astley? Sie alle warten in dem fiktiven deutschen Kurbad Roulettenburg auf die Rettung in Gestalt des Todes der reichen Tante des Generals. Denn dann gibt es wieder Geld und dann kann man weiterspielen bis zu dem einen großen Gewinn und dann – ja, was dann eigentlich?
Genauso abenteuerlich wie die Handlung des Romans „Der Spieler“ von Fjodor Dostojewski ist seine Entstehungsgeschichte. Im Juni 1865 arbeitete Dostowjewski an seinem heute berühmtesten Roman „Schuld und Sühne“, seine erste Frau und sein Bruder waren vor Kurzem überraschend verstorben und er war komplett pleite, unter Anderem weil er nach dem Konkurs seiner Zeitschrift „Epocha“ nichts Besseres zu tun hatte, als nach Deutschland zu reisen und 3000 Rubel zu verspielen.
In dieser hoffnungslosen Lage ging Dostojewski einen faustischen Pakt mit seinem Verleger ein. Er versprach für einen Vorschuss von 3000 Rubel innerhalb eines Jahres einen weiteren Roman im Umfang von 10 Druckbögen zu schreiben. Sollte er diesen Roman nicht rechtzeitig abliefern, würden die Einnahmen aus allen bisherigen und künftigen Büchern vollständig an den Verleger fallen.
Es gab kein Thema und keine Idee. Schließlich einen Monat vor Abgabe entschloss sich Dostojewski mit dem Schreiben für diesen Roman zu beginnen, denn er kam auf die Idee, über seine eigene Situation und Lebenserfahrung zu schreiben. Allerdings wurde schnell klar, dass es ihm rein technisch nicht möglich sein würde, in dieser Zeit 10 Druckbögen zu füllen. Auf Vermittlung von Freunden engagierte er die Stenotypistin Anna Snitkina und mit ihrer Hilfe gelang es ihm tatsächlich „Der Spieler“ rechtzeitig zu vollenden. Allerdings war der Verleger, um zu verhindern, dass der Vertrag erfüllt werden konnte, mit unbekanntem Ziel verreist. Aber auch hier wusste Snitkina zu helfen und hinterlegte das Manuskript bei einem Notar und Dostojewski war (erst einmal) gerettet. Und was lag in dieser Situation näher, als über etwas zu schreiben, das er selbst leider sehr gut kannte?