Im letzten November fand am TD Berlin unter dem Titel COMMON SENSES die siebte Ausgabe des Monologfestivals statt, bei dem insgesamt acht Solo-Uraufführungen gezeigt wurden. COMMON SENSES kann als „Gesunder Menschenverstand“ ebenso übersetzt werden, wie als „Gemeinsame Interessen“ und in unserer Zeit der aufgeregten Debatten braucht es wahrscheinlich beides. Die Monologe reflektieren den Status Quo unseres gesellschaftlichen Zusammenseins. Im LICHTHOF Spin-off kann nun auch das Hamburger Publikum eine Auswahl der Solo-Programme live erleben.
Programm Sa 27.04.
19:00 Uhr:
Klimaaktivismus im Visier rechter Kampagnen | Vortrag von Arne Vogelgesang
Die AfD sitzt nicht nur in Parlamenten, sondern steht auch besorgt im Wald. Während die aktivistische Ökologiebewegung im deutschsprachigen Raum gegenwärtig weitgehend progressiv ausgerichtet ist, reagiert die politische Rechte mit Aktionen und Angriffen und versucht, das Thema für sich zu okkupieren.
Der Vortrag berichtet über ausgewählte Beispiele der letzten Jahre: Gewalt gegen Aktivisti, False-Flag-Attacken und Versuche der Eroberung von politischem Terrain. Sie illustrieren eine parallele Entwicklung von zwei Strategien: Einerseits die physische oder digitale Gewalt gegen Aktivisti um diese einzuschüchtern, andererseits die Kooptierung lokaler Anliegen um ideologische Landnahme im ökologischen Bereich zu betreiben.
Arne Vogelgesang, der sich seit vielen Jahren mit politischer Propaganda im Internet beschäftigt, blickt auch auf zukünftige Gefahren wie sie in Reaktion auf technologischen Akzelerationismus erwachsen könnten: radikale „Zurück zur Natur“-Programme, Ökofaschismus und „Ökoextremismus“.
Der Vortrag dauert ca. 60 Minuten.
20:30 Uhr:
MIR GEHT’S JA NOCH GOLD | Eleganz aus Reflex
Marianne Hoppe liebäugelte mit der KPD der Weimarer Republik. Sie saß mit Göring, Goebbels und Hitler im Kino und bleibt nach 1945 Aushängeschild staatstragender Kunst. Wie erklärt sie sich das? Und uns? Eleganz aus Reflex erkundet irritierende Rechtfertigungspfade entlang von Gefühlswelten und deutscher Befindlichkeit.
Die AfD ist im Aufwind und immer mehr Menschen fühlen sich wohl damit. Das europaweite Erstarken rechtsnationaler Politik nehmen Eleganz aus Reflex zum Anlass, ein gefährlich wandelbares Menschenbild und deutsche Gewissheiten im Zusammenspiel mit Kontinuitäten von Homophobie, Antisemitismus und Rassismus zu durchleuchten.
Durch den Abend führt eine Schauspielikone, die sich und ihre Lebensauffassung ein Jahrhundert durch alle politischen Lager und Zeiten und an immer neue gesellschaftliche Konstellationen und Konventionen anschmiegte. Ihr Leben von 1909-2002 spiegelt ein Jahrhundert deutscher Geschichte. Und die verblüffende Fähigkeit, sich selbst nicht als Ursache offensichtlichen Übels zu begreifen. Anhand der historischen Figur wird der Opportunismus der Gefühle zur hochaktuellen Frage. Sind sie es, die das eigene Selbstbild vom moralischen Anspruch abschirmen?
Mit: Lisa Heinrici / Regie, Konzept, Text: Carolin Millner / Film: Arda Funda / Filmset: Nils Thore / Ausstattung: Maylin Habig & Nils Wildegans / Dramaturgie: Theresa Selter / Produktion: Eleganz aus Reflex / Koproduktion: TD Berlin im Rahmen des Monologfestival 2023
21:30 Uhr:
LIE WITH ME | Glossy Pain
Die Solo-Performance LIE WITH ME sucht nach neuen Arten der Verständigung und ist eine Einladung, miteinander ins Bett zu gehen, verletzlich zu sein und die Common Senses zu erkunden, die unser Begehren bestimmen. Glossy Pain lenkt die Aufmerksamkeit auf Lügen, Legenden und Narrative, die unser Sexualleben prägen.
Inspiriert von kritischen Denker:innen wie Katherine Angel und Emilia Roig fragt Glossy Pain: Wie können wir weich und zärtlich miteinander sein, wenn die Welt um uns herum permanent Härte fordert? Wir suchen Intimität, machen uns nackt, streben nach Gemeinsamkeiten. Nicht selten scheitern wir daran. Auch deshalb, weil sich in unsere Ehrlichkeit miteinander Widersprüche einschleichen.
Das Solo hinterfragt, wie viel unserer geteilten Erfahrung auf „notwendigen Lügen“ basiert. Wie können wir von anderen erwarten, ehrlich zu sein, wenn wir nicht einmal ehrlich mit uns selbst sind? Auf der Suche nach Verständigung und Verbindung gilt es Sprachen der Liebe neu zu erkunden, die uns nicht schon vorschreiben, wer wir zu sein haben, sondern wer wir noch werden können.
Mit: Riah Knight / Text: Riah Knight, Katharina Stoll, Angelika Schmidt / Musik, Songwriting: Riah Knight / Regie: Katharina Stoll Dramaturgie: Angelika Schmidt Produktion: Jack Willenbacher Koproduktion: TD Berlin – Monologfestival 2023
Das Monologfestival wird gefördert durch die vierjährige Festivalförderung der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Berlin
Das LICHTHOF Spin-off wird gefördert durch die Ilse und Dr. Horst Rusch-Stiftung.